Es ist wieder soweit: Das Laub wird bunt, die Radfahrer tragen immer mehr Schichten Kleidung und die Hunde bekommen ihr Winterfell. Trotzdem scheint die Sonne noch regelmäßig als Erinnerung an den langen, warmen Sommer.
Man sollte sich nicht daran gewöhnen! Im Handumdrehen werden die Bäume überhaupt keine Blätter mehr haben und die Radwege fast leer sein. Dann ist es wieder die Zeit des Jahres, in der man nach einem langen Tag nach Hause kommt und das Haus nicht mehr so gemütlich ist. Es ist irgendwie kalt, aber auch nicht kalt genug, um die Heizung einzuschalten. Kennen Sie diese Situation? Man überlegt, ob es wirklich nötig ist, die Heizung einzuschalten oder ob man doch lieber einen Pullover anziehen oder sich eine Decke vom Sofa schnappen sollte. Der rationale Entscheider zögert die Inbetriebnahme der Heizung so lange wie möglich hinaus, denn schließlich spart man so einige Euro an Energierechnung und etwas CO2 in der Atmosphäre. Das ist die richtige Entscheidung für einen rationalen Entscheider!
Ist das wirklich so? Rationale Konsumenten optimieren ihre Ressourcen, um ein Höchstmaß an Glück und Komfort zu erreichen. Ökonomen sprechen vom „Nutzen“. Das Konzept ist logisch und gleichzeitig einfach: Wir, die logischen Entscheidungsträger, haben vollständigen Einblick in die Entscheidungsfaktoren und wählen in Abhängigkeit unseres Budgets die beste Lösung. Man stelle sich den Fall eines Hausbesitzers vor, dessen Heizungssystem buchstäblich aus einem Haufen rostigem Schrott besteht. Dieser Hausbesitzer würde lieber einen kühlen Abend verbringen, wenn er im Gegenzug den Energieverbrauch senken kann.
Dabei wird der Wert der Energie- und Kosteneinsparung nicht nur in Euro gemessen, sondern auch durch das Gefühl, etwas Gutes für die Umwelt getan zu haben. Dieses Glückgefühl, CO2-Emissionen vermieden zu haben, steigert unseren „Nutzen“, auch wenn es sich nicht in Euro ausdrücken lässt. Das ist recht abstrakt, spielt jedoch für viele Menschen bei der Entscheidungsfindung eine große Rolle, gerade in Zeiten hoher Aufmerksamkeit für den Klimawandel.
Deshalb wählen wir rational entscheidende Konsumenten (und auch der Hausbesitzer mit der rostigen Heizung) den Pullover und die Decke, weil wir unser Geld für bessere Dinge ausgeben können, und weil wir uns gut fühlen, wenn wir Gutes tun. Und auch, wenn nachhaltiges Verhalten nicht zum Nutzen beiträgt (die Umwelt uns also egal ist), haben wir noch die finanzielle Komponente, die uns zum Pullover und zur Decke führt. Im Ergebnis erreichen wir angesichts unseres Budgets für Hauswärme ein optimales Nutzenniveau.
Ist das wirklich so? Im Zeitalter der unendlichen Möglichkeiten bietet der Markt tatsächlich unendliche Möglichkeiten, unseren Energieverbrauch noch weiter zu optimieren. Ob Heizungstausch, Fensterisolierung, Solarmodule, smarte Thermostate etc., all diese Möglichkeiten tragen zu einer effizienten Energienutzung bei, ohne auf einen gewissen Komfort zu verzichten.
Warum sitzen wir dann mit zusätzlichem Pullover und Decke im kalten Haus? Handeln wir rational, wenn wir alle auf dem Markt verfügbaren Möglichkeiten der Energieeffizienz kennen und trotzdem der rostige Schrott im Heizungsraum steht und das Haus kalt ist? Wäre es nicht sinnvoller, einige Effizienzmaßnahmen anzuwenden, um die gleiche oder sogar höhere Menge an Euro und CO2 einzusparen und sich dabei wohl zu fühlen? Wäre es nicht ein Nutzengewinn, die rostige Heizung aufzurüsten und den zusätzlichen Pullover auszuziehen?
Schon die Formulierung dieser Fragen legt nahe, dass es andere, versteckte Gründe gibt, die uns daran hindern, unseren Energieverbrauch zu optimieren. Ist es der Mangel an transparenten Informationen auf dem Markt? Ist es der Schmerz, der durch die Anfangsinvestition verursacht wird? Oder ist es vielleicht die Unfähigkeit der kurzsichtigen Konsumenten, die zukünftigen Erträge aus den heutigen Investitionen zu berücksichtigen?
Nun, es scheint, dass es wieder diese Jahreszeit ist. Willkommen in der Heizsaison! Handeln Sie tatsächlich rational?